TEC 21 July 23

For the SIA Zurich and the magazine TEC21 the July 2023 issue, conception and writing.

Title: «Mountain House» – The secret path to the Farnsworth House»

Es ist kein Zufall, dass sich Mies van der Rohe während seiner Ausstellung im MoMA von 1947 zwischen dem Modell des Farnsworth House und dem auf der Wand dahinter, auf einem riesigen Druck ausgestellten «Mountain House», von der versammelten Presse ablichten liess. 1947 fand im MoMA von New York die erste bedeutende Ausstellung über den Architekten Mies van der Rohe statt. Kuratiert wurde sie vom damaligen Direktor der Architekturabteilung Philip Johnson. Mies war an der Konzipierung der Ausstellung stark beteiligt, sammelte Material, wählte Zeichnungen aus und schuf eigens für die Ausstellung neue Pläne. Wie Terence Riley schreibt, musste Mies aufgrund des begrenzten Platzes im MoMA die Zurschaustellung mehrerer realisierter Projekte weglassen. Selbst sein bekannter Wohnblock in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart von 1927 fand hier keinen Platz. Das von Mies niemals realisierte «Mountain House» wurde hingegen in wandfüllender Grösse ausgestellt. Wieso war ihm dieses Haus, beziehungsweise dessen Skizzen, in der Ausstellung so wichtig? Und hauptsächlich stellt sich hier noch die Frage, welche Bedeutung hatte das «Mountain House» für Mies? Fakt ist, dass bis heute über das «Mountain House» nicht geforscht wurde. Das MoMA, wie aber auch jegliche Mies–Experten weltweit, können das «Mountain House» weder zeitlich noch geografisch positionieren (spannenderweise wird ca. alle 20 Jahre das «Mountain House» mit all seinen Facetten im MoMA ausgestellt, aber ohne zusätzliche Angaben). Meine Recherche in der Library of Congress in Washington DC im Juli 2019 hat mehrere Dokumente zutage befördert, welche die Verortung der Entstehung der Skizzen des «Mountain Hauses» in Oberbozen (Südtirol) sichert. Es handelt sich um einen Brief von Mies van der Rohe an den Kurator des MoMA in New York, Philipp Johnson, anlässlich seiner Einzelausstellung im Jahre 1947. Hier listet er die auszustellenden Werke auf– darunter auf Punkt 1 «10 Skizzen aus Oberbozen». Zudem beweisen Dokumente und Skizzen aus dem Jahre 1938 und 1949, die während eines Aufenthaltes im Stevens Hotel in Chicago entstanden sind und die nun im Art Institute of Chicago aufbewahrt werden (Schenkungen von Mies Tochter, Kunsthistorikerin), wie Mies am «Mountain House» im Wandel der Zeit immer weitergearbeitet hat und dieses bis zu seiner höchsten Variante, als auf Stützen schwebendes Haus, weiterentwickelte. Das Treffen und Interview mit Arch. Dirk Lohan (Neffe von Mies) im Juli 2019 hat bestätigt, wie Mies des Öfteren Ferien in den Alpen (Schweiz, Südtirol) gemacht hat. Er berichtet, dass das idealisierte «Mountain House» Projekt, wie auch für das Bacardi HQ in Cuba, wiederaufgenommen wurde bei der Planung des Farnsworth Houses. Somit ist es kein Zufall, dass sich Mies mit dem Modell des Farnsworth House und dem «Mountain House» im Hintergrund von Fotograf William Leftwich im MoMA ablichten liess. Dieses Foto wurde 1947 als Primäres für die Presse vorgesehen und verinnerlicht die jahrelange Entwicklung des «Mountain House», das Haus, das Mies für sich selbst geplant und bis zur Perfektion ausgearbeitet hatte, zum Farnsworth House (dies ist auch eine grossartige Neuigkeit, Mies wollte dieses Haus für sich bauen; siehe Aufnahme auf der nächsten Seite).

NORDitalien

Schon über die letzten Jahrhunderte zeigte sich Turin als prachtvolle Stadt. Die Kaufleute und die Nähe zu Frankreich haben sie reich gemacht. Die adligen Savoyer verdichteten den städtischen Raum mit Palazzi und Arkaden. Damit entstand in der Vergangenheit eine elegante Residenzstadt mit vornehmen Strassenzügen, Kaffeehäusern, noblen Geschäften und einer Architektur, die sich beinahe vom italienisch üblichen abwandte, um sich dem Stil von Paris anzunähern. Die Industriellenfamilie Agnelli gründete vor mehr als 100 Jahren das Unternehmen FIAT (Fabbrica Italiana Automobile Torino). Inzwischen fusionierte der italienische Autobauer mit dem amerikanischen Chrysler-Konzern und verlegte sein «Headquarter» ins Ausland. Autos werden in Turin aber immer noch gebaut. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war die Stadt wirtschaftlich und sozial stark von der Automobilindustrie geprägt. Künstler und Architekten liessen sich von dieser Maschinenästhetik beeinflussen. Hauptsächlich Norditalien stand zu dieser Zeit im Rausch des Futurismus. Diese Avantgarde-Bewegung hat nicht nur die Begeisterung für Elektrizität, Geschwindigkeit und Maschinen befeuert, sondern Malerei, Skulptur und Architektur beeinflusst. Allen voran zu erwähnen gilt Carlo Mollino, der in der Nachkriegszeit durch seine dynamischen Entwürfe versuchte, die den notgedrungenen statischen Gesetzen gehorchende Architektur, zu durchbrechen. Mailand steht heute ohne Zweifel für Mode, Design und Kunst. Die Stadt im Norden Italiens ist ein bedeutendes Industrie-, Einkaufs- und Wirtschaftszentrum des Landes und Schauplatz der wichtigsten Veranstaltungen der genannten Bereiche. Die Stadt zieht das ganze Jahr über Tausende von Geschäfts- und Privatreisende an. Das intensive, mondäne Leben, bei dem bereits ein Einkaufsbummel oder ein Abendessen ein Erlebnis sind, macht Mailand zu einer der grossen internationalen Metropolen, auf gleicher Ebene mit New York, London und Berlin. Wir werden Turin und Mailand zunächst ganz unmittelbar auf uns wirken lassen, um dann in die Tiefe zu steigen.

Kopenhagen

Um es vorweg zu nehmen: Dänemark verfügte im Jahr 2007 über ein Gesetz zur Nutzung von Daten im Planungswesen und beanspruchte hiermit innerhalb der europäischen Baubranche eine Führungsrolle. So wird verleitet zu behaupten, Dänemark und die Schweiz leben äusserst gegensätzliche Kulturen, welche auf das tägliche Leben und den Einsatz von digitalen Technologien unterschiedlicher nicht sein könnten, denn von Staates wegen ändern Schweizer und Schweizerinnen nicht ihre Gewohnheiten. Weiter zählen wir die topografischen Gegensätze, wie der Inselstatus mit kargen Erhebungen, der sich von den zerklüfteten Berglandschaften des helvetischen Binnenlandes absetzt. Beim genauen Hinsehen erfahren wir jedoch mehr Gemeinsamkeiten als zu Anfang vermutet. Wie die Schweiz hat Dänemark eine ausgesprochen weit entwickelte Baukultur, welche in der Bevölkerung tief verankert ist und Architekten wie Ingenieure arbeiten beiden Orts seit jeher früh im Planungsprozess zusammen. Beide Hochschulsysteme sind weit entwickelt und vereinen künstlerische und technologische Ansätze. Viele Unternehmen arbeiten nicht nur lokal und regional, sondern bewegen sich auf internationalem Parkett. Durch das Kleinteilige ist man gezwungen, seinen Horizont zu weiten und sich mit Partnern zusammen zu tun. Dabei spielt die Kommunikation eine wesentliche Rolle und diese gestaltet sich zunehmend digital. Diese Basis gilt es, auf der Reise zu ergründen und zu verstehen, wie digitale Technologien beim Planen und Bauen in Dänemark im Einsatz stehen.

Dublin

1902 verlässt James Joyce Irland, aus Enttäuschung über ein erzkonservatives Land, das nicht darüber hinwegkommt, seine katholischen Grundsätze zu lockern und den Blick auf eine gesellschaftlich und technologisch sich verändernde Zukunft zu richten. Seine Schriften werden weithin als Kritik am eigenen Land in die Welt hinaustragen. Am Ende erst werden – wie so oft – die vertriebenen Propheten nach aussenstehender und breiter. Würdigung ihrer Leistungen in ihrer Heimat verehrt und gehuldigt. 1941 wird James Joyce in Zürich beigesetzt, während heute ein neuauflodernder Streit die Rückführung seiner Asche von der Zwingli-Stadt nach Dublin fordert. So konservativ sich Irland zurzeit von Joyce gebar, hat es mittlerweile in vielen Belangen aufgeholt und sein konservatives Kleid abgelegt. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Öffnung hat viele Unternehmungen aus dem Ausland angezogen und bietet Platz für Entwicklung und Innovation. Dies ist der Grund, weshalb wir aus Zürich in die Stadt am Liffey reisen und dort die Gelegenheit nutzen, eine Brücke zwischen Lehre, Forschung und Praxis zu schlagen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse vor Ort werden uns tiefe Einblicke in die bis anhin auf manuellen Praktiken basierte Welt des Bauens auf eine sich digital transformierende Welt des Planens gewähren. Irische Hochschulen haben bereits früh die Chancen digitaler Technologien zugunsten wirtschaftlicher Entwicklungen erkannt und deshalb ihre Lehr- und Forschungsinhalte subtil angepasst. Das Resultat zeigt sich als attraktives, wirtschaftliches Umfeld, das von global agierenden Unternehmungen gewürdigt wird. So hat sich Irland im Gegensatz zu England industriell weiterentwickelt und es versteht sich von selbst, dass es seine Bünde zu Europa nicht aufkündigen möchte.